Vorwort
Meine ersten Erfahrungen mit dem Modellfliegen sammelte ich mit einem Charter von
Robbe. Der fliegt zwar sehr gutmütig, besteht aber komplett aus
Holz, weshalb nach harten Landungen (wie sie am Anfang nunmal vorkommen) schon mal umfangreichere
Reparaturen anstehen können. Und so etwas frustriert ganz schön, ich spreche da aus eigener
Erfahrung...
Die Wende kam, als einer meiner Bekannten einen gebrauchten Airdancer (ebenfalls von Robbe) günstig
erwerben konnte. Hiermit machen Abstürze zwar auch nicht mehr Spaß, aber aufgrund seiner
Konstruktion (er besteht vollständig aus Styropor) dauern Reparaturen nur wenige Minuten und
können somit meistens bereits auf dem Flugfeld durchgeführt werden. Die beschädigten Teile
werden einfach mit 5-Minuten-Epoxy zusammengeklebt.
Solch ein Styro-Bomber sollte es also sein, mit dem ich weitere Erfahrungen sammeln wollte. Der Flieger
sollte leicht zu steuern und dazu natürlich so preiswert wie möglich zu bauen sein, um die
Modellbaukasse nicht unnötig zu belasten. Nach dem Durchstöbern etlicher Webseiten und dem
Aufsuchen diverser Modellbau-Läden wurde ich auf die TwinStar von
Multiplex aufmerksam. In sämtlichen Berichten wurde nur
Positives über das Modell berichtet, es sah sehr gut aus und war sogar 2-motorig. Und das Beste: Mein
Händler um die Ecke war bereit, sich für nur DM 129,- von dem Bausatz zu trennen (Listenpreis
damals: DM 159,-)! Dabei sprechen wir hier wirklich von einem Komplett-Bausatz, also inkl. aller
Anlenkungen, Scharniere und Bowdenzüge, sogar die beiden Motoren mitsamt Propellern sind hierin
enthalten. Was man jetzt noch braucht sind eine Fernsteuerung mit 3-4 Servos, ein Flugregler mit BEC und
natürlich ein (oder besser mehrere) Antriebsakku(s).
Der Bausatz
Nach dem Auspacken und Zurechtlegen der Einzelteile war ich zunächst etwas enttäuscht angesichts
der schlechten Materialqualität. Da finden sich tiefe Einbuchtungen genauso wie überstehende
Kanten und Grate. Auch ein kleiner Transportschaden fand sich an einer Tragfläche (siehe Fotos).
Insgesamt aber stimmt der Preis, denn die angesprochenen Mängel lassen sich entweder schnell und
einfach beheben oder beeinträchtigen nicht die Funktion des Modells. Und wo bekommt man
schließlich sonst das komplette Antriebsset (Motoren inkl. Luftschrauben sowie Verkabelung) ohne
Aufpreis mitgeliefert? So gesehen kostet das eigentliche Flugzeug keine 80 Mark und kann damit als echtes
Schnäppchen bezeichnet werden.
Neben etlichen Styropor-Teilen befinden sich in dem Karton - wie bereits angesprochen - auch sämtliche
Anlenkungsteile wie Ruderhörner und Scharniere, 2 Bowdenzüge, 2 Drähte für die
Querruderanlenkung, 2 Kunststoff-Schrauben zur Befestigung der Tragfläche auf dem Rumpf und auch einige
Holzteile, wie z.B. die Verstärkungsleisten der Tragfläche oder die Brettchen zur Aufnahme der
Servos. Letztgenannte müssen zusammen mit ein paar weiteren Verstärkungen aus einem vorgestanzten
Brett herausgedrückt werden. Eigentlich kein Problem, bei mir waren die Stanzungen allerdings nicht
sehr sauber, so dass ich die meisten Teile mit dem Messer herausschneiden musste.
Das bereits angesprochene Antriebsset, bestehend aus 2 Motoren des Typs Permax 400, 2 (Gummimotor-)
Luftschrauben sowie einem Kabelsatz, vervollständigt den Bausatz. Entgegen der Bauanleitung sollten
die Kabel aber an den Motoren festgelötet werden. Das erschwert zwar einen späteren Austausch,
dient aber natürlich der Sicherheit. Solche Fehlerquellen sollte man schon von vornherein vermeiden.
Los geht's
Ich möchte hier auf einige Änderungen bzw. Verbesserungen hinweisen, die ich bei meiner Twin Star
durchgeführt habe. Manche Detaillösungen gefielen mir einfach nicht, wie z.B. der beiliegende
Haushalts-Gummiring zur Bestigung der Kabinenhaube. Und wie bitte schön sollen die beiden Haken in den
Balsa-Klötzchen halten? Ein vernünftiger Gummiring und ein 8 mm Hartholz-Dübel hätten
den Bausatz wohl kaum teurer gemacht. Jedenfalls habe ich genau diese Teile verbaut. Also: Vom Dübel 2
Stücke á 1 cm absägen, in beide ein mittiges 1 mm Loch bohren und die Haken dort
hineindrehen. Als Gummiring verwende ich einen aus Naturkautschuk mit einem Durchmesser von ca. 20 mm. Den
gibt's in jedem Modellbau-Laden und die Kabinenhaube wird davon bombenfest an ihrem Platz gehalten. Der Tip,
den Haken für den Rumpf zusammen zu biegen, ist unsinnig. Denn das erschwert nur unnötig einen
eventuellen Wechel des Gummis, ohne dass man irgendeinen Vorteil davon hätte. Bei mir ist das
Gummi jedenfalls noch nie von dem Haken abgerutscht, und das ist das Einzige, was das Zusammenbiegen
verhindern könnte.
Die Kabinenhaubenplatte (Nr. 67) habe ich halbiert und anschließend beide Hälften hintereinander
an der Haube festgeklebt. So verdoppelt sich die Auflagefläche, die unter dem Flügelgegenlager
(Nr. 62) eingreift. Denn die Haube kann sich durchaus ein wenig auf dem Rumpf verschieben und könnte so
evtl. aus der hinteren Halterung herausrutschen.
Bevor man die Ruderhörner einklebt (Punkt 4 der Bauanleitung), sollten sie an der Stelle, an der der
Gestängeanschluß eingesteckt wird, etwas abgeschliffen werden. Denn sonst klemmen sich die
Anschlüsse beim Anschrauben fest und lassen sich nicht mehr frei drehen. Auch habe ich die beiden
Stahldrähte zur Ansteuerung des Höhen- und Seitenruders gegen solche mit einem Durchmesser von 0,8
mm ausgetauscht. Denn der Bowdenzug des Seitenruders macht einen ganz schönen S-Schlag, für den
der serienmäßige 1,3 mm Stahldraht viel zu steif ist. Entsprechend schwergängig
läßt er sich dann bewegen, was dem Servo sicher nicht zugute kommt.
Der Einbau des Flügelgegenlagers (Punkt 6) wurde seitens Multiplex bereits überarbeitet, dazu
liegt dem Bausatz eine Einschlagmutter bei. Aber wieso nur eine? Warum soll das Gewinde des hinteren Lagers
nach wie vor direkt in das Holz geschnitten werden? Jedenfalls habe ich das Loch des hinteren Lagers
ebenfalls auf 5 mm aufgebohrt und mit einer Einschlagmutter versehen, sicher ist sicher.
Zu Punkt 8 der Anleitung: Wie bereits weiter oben erwähnt sollten die Kabel an den Motoren
angelötet werden. Der Aufwand hierfür ist minimal, der Gewinn an Sicherheit dagegen sehr hoch.
Beim Einbau der Querruderservos (Punkt 13) wollte ich diese auf keinen Fall ankleben. Deshalb habe ich ein
paar Holzleisten in die Aussparungen eingeklebt, zwischen denen die Servos dann festgeklemmt werden.
Verwendet habe ich hier aber nicht die von Multiplex vorgesehenen MS-X4, sondern Noname-Servos in der
Größe eines Hitec HS-81. Damit die Servos auf keinen Fall nach unten herausfallen können,
werden sie durch die Abdeckungen zusätzlich fixiert. Seht Euch einfach die Bilder an, die sagen
eigentlich Alles. Die Klemmung hält absolut sicher, selbst wenn die Abdeckung mal vergessen wird oder
im Flug verloren geht, ich hab's unfreiwillig ausprobiert...
Ach ja, die hier gezeigte Stellung des Ruderhebels entspricht übrigens nicht etwa einem Vollausschlag,
sondern der Neutralstellung!
Da ich zu dieser Zeit noch nicht über eine der modernen Computer-Anlagen verfügte, musste ich mir
etwas einfallen lassen, um die in der Anleitung angegebenen differenzierten Ruderausschläge (20 mm nach
oben, 8 mm nach unten) zu erreichen. Und so, wie es hier gezeigt wird, funktioniert das Ganze echt super.
Vom Standpunkt der Aufnahme aus gesehen nach rechts wirkt praktisch die gesamte Drehung des Servo-Hebels in
Richtung des Ruders. Nach links dagegen bewegt sich das Gestänge mehr oder weniger auf der Stelle,
obwohl der Hebel in beiden Richtungen den selben Weg (auf die Kreisbahn bezogen) zurücklegt. Ich komme
so auf Ausschläge von 18 bzw. 9 mm, was der Vorgabe recht nahe kommt und sich in der Praxis
bewährt hat. Damit fliegen sich Kurven praktisch von alleine.
Das Anpassen der Flächenverkleidung (Punkt 14) erübrigte sich bei mir, sie war nämlich gar
nicht vorhanden! Und auch bei einem weiteren Bausatz meines Händlers fehlte sie, also kein Einzelfall?
Egal, die Abbildung in der Bauanleitung ließ mich sowieso an der Stabilität dieser Abdeckung
zweifeln. Also: Mal wieder selber machen... Dazu wird die fertige Tragfläche zunächst in der Mitte
mit einer Lage Glasfaserband/Epoxidharz umwickelt. Nach dem Aushärten bohrt man von der Unterseite her
zwei 4er Löcher durch die Fläche, die dann von der Oberseite her auf 12 mm aufgebohrt wurden. Die
Lochverstärker (Nr. 71) sollten dabei nicht mit durchbohrt werden. Jetzt werden in diese 12er
Löcher 10er Rundstäbe gesteckt, die Dicke der Fläche angezeichnet, die Rundhölzer
entsprechend gekürzt und anschließend unter Zugabe von reichlich 5-Minuten-Epoxy in die
Fläche eingeharzt. Zum Schluß werden die Rundstäbe noch mit 4 mm durchbohrt und an der
Oberseite angesenkt, bis die Köpfe der Kunststoffschrauben mit der Tragfläche bündig
abschließen. Die Fertigstellung des Modells verschiebt sich so natürlich um einen Tag, man
erhält aber eine extrem steife und stabile Flächenbefestigung, die den Rest des Modells sicher
überlebt.
Zum Auswiegen reichte es bei meinem Modell nicht, wie unter Punkt 20 beschrieben einfach nur den Akku zu
verschieben. Obwohl der bereits ganz nach vorn geschoben war, brauchte es noch etwa 100 Gramm Blei im Bug,
bis der Schwerpunkt an der vorgesehenen Stelle war. Das ist aber sicher auf meinen ausgiebigen Einsatz von
(recht schwerem) 5-Minuten-Epoxy zurück zu führen, andere Twin Stars kommen durchaus ohne
Bleizugabe aus.
Das Verstärken der Rumpfunterseite durch die transparente Folie (Punkt 20) habe ich mir geschenkt und
statt dessen gleich einen GfK-Streifen auflaminiert. Damit sind sogar Landungen auf Asphalt möglich,
ohne den Rumpf dabei komplett abzuschmirgeln. Wer allerdings plant, so etwas regelmäßig zu
machen, sollte auch die Randbögen auf die gleiche Weise verstärken. Auf die Flugleistungen wirkt
sich das Mehrgewicht so gut wie gar nicht aus. Man sollte allerdings darauf achten, die GfK-Matte nicht zu
sehr mit Harz zu tränken, das bringt nur Gewicht, ohne die Stabilität zu erhöhen. Ich lege
deshalb meine GfK-Matten nach dem Tränken auf eine Glasplatte und walze das überflüssige Harz
mit einer Schaumstoffrolle wieder heraus. Die so vorbereitete Matte wird dann auf die zu verstärkende
Stelle geklebt und mit der erwähnten Rolle angedrückt. Die Reste des Harzes lassen sich nach dem
Aushärten leicht mit einer Rasierklinge von der Glasplatte entfernen.
Von den Dekorbögen habe ich nur die Fenster verwendet, der Rest war mir zu bunt. Das ist natürlich reine
Geschmacksache, was aber sein musste, war der Pilot. Wenn man schon keine Puppe einbauen kann, sollte man
wenigstens optisch nicht darauf verzichten :-)
Einfliegen
Um es gleich vorweg zu nehmen, das Gerät fliegt einfach genial! Von einem Einfliegen kann eigentlich gar keine
Rede sein, so unspektakulär ging das Ganze ab. Motoren auf Vollgas, Flieger gegen den (nicht zu starken) Wind
werfen, fertig. Etwas Höhe ziehen, und schon steigt das Modell wie an der Schnur gezogen in Richtung Himmel.
Absolut ruhig und neutral zieht die TwinStar ihre Bahn, lediglich beim Kurvenflug braucht sie etwas
Unterstützung durch das Höhenruder.
Ausprobiert habe ich zunächst einen 6-zelligen Akku. Das klappte ganz gut, auch wenn in der Anleitung ein
7-zelliger empfohlen wird. Nur hat man dann bei stärkerem Gegenwind keine ausreichenden Reserven mehr, so
dass man trotz Vollgas fast auf der Stelle schwebt. Ich habe meine Akkus
deshalb zunächst auf 7 Zellen umgebaut, mittlerweile verwende ich 8er Packs. Damit geht der Flieger dann
schon ganz gut ab.
Mit einem 1900er Akku kann man so etwa zwischen 5 und 10 Minuten in der Luft bleiben, je nach Einsatz der Motoren.
Auch segeln kann man mit der TwinStar ganz gut, wodurch sich die Landung noch weiter verzögern
läßt. Irgendwann ist es aber doch soweit, runter müssen sie ja schließlich Alle mal. Die
Landungen sind jedoch genau so einfach wie das Starten und Fliegen, nicht zuletzt durch den sehr flachen
Gleitwinkel. Deshalb sollte man die Landewiese ruhig etwas weiträumiger anfliegen, wenn es doch nicht reicht,
kann man ja noch mal kurz die Motoren einschalten.
Fazit
Das Universalmodell für alle Einsatzzwecke. Ob als Einsteigerflieger für den absoluten Anfänger, als
Querruder-Trainer für den Umsteiger, für den erfahrenen Piloten als Feierabendmodell oder einfach mal als
Abwechslung zwischendurch, die Twin Star macht auf jeden Fall eine gute Figur.