Robbe Charter



Vorwort

Mit diesem Flieger sammelte ich Ende der 80er Jahre meine ersten Erfahrungen. Allen damals verfügbaren Quellen (das Internet gab es in seiner jetzigen Form noch nicht) war zu entnehmen, daß eigentlich jeder mit diesem Modell das Fliegen erlernen könnte, also auch ich! Um so frustrierender ist es dann, wenn sich das Gerät aufgrund eines technischen Defekts (Ausfall des Empfänger-Akkus) gleich beim Erstflug in den Acker bohrt. Aber dazu später...


Der Zusammenbau

Wie damals üblich und heute leider immer seltener der Fall, bestand der Bausatz fast ausschließlich aus Holzteilen. Entsprechend langwierig gestaltete sich der Zusammenbau, der sich einige Wochen hinzog. Streng nach Plan gebaut, lag dann irgendwann ein Holzskelett vor mir, das zum Bespannen eigentlich viel zu schade war. Egal, das Ding sollte ja fliegen und nicht in der Vitrine verstauben, und dazu musste nunmal etwas Folie um die Rippen.

Nachdem ich die Folie unter Zuhilfenahme eines alten Bügeleisens und des Familien-Föns aufgebracht hatte, kam ich auf die irrsinnige Idee, den Rumpf zu lackieren. Irrsinnig deshalb, weil es die Fertigstellung des Modells um fast eine Woche verzögerte, das Flugzeug unnötig schwer machte und noch dazu nicht besonders toll aussah (Nasen, Farbnebel u.s.w.).

Als das Ganze dann fertig montiert und mit einem 4 ccm O.S.-Motor versehen vor mir stand, wurde es Zeit, sich nach einer geeigneten Fernsteuerung umzusehen. Fündig wurde ich dann bei Conrad Elektronik, die zu dieser Zeit gerade ein Set mit einem auf 7 Kanäle ausgebauten Sender (Modell FM-SS Profi 7/14), einem Doppel-Superhet-Empfänger, 4 Servos sowie 500 mAh NiCd-Akkus im Angebot hatten. Das komplette Paket wechselte für damals unglaubliche DM 299,- den Besitzer.


Einfliegen

Ja ich weiß, dazu sollte man auf die Hilfe eines erfahrenen Piloten zurückgreifen. Aber nun kannte ich halt niemanden, der mir dabei hätte helfen können, und außerdem hat man ja schließlich seinen Stolz. Also wurde eine kurzgemähte Wiese abseits der Zivilisation gesucht, der Motor angeworfen und einige Rollversuche unternommen. Diese waren so vielversprechend, daß mich bereits nach kurzer Zeit der Ehrgeiz packte und ich es wissen wollte, frei nach dem Motto "Flieg oder stirb!".

Na dann: Gas rein, nach geschätzten 20 Metern leicht Höhe ziehen und... Es fliegt! Dieses Ding, das ich mit meinen eigenen Händen aus ein paar Holzleisten zusammengeleimt hatte, fliegt tatsächlich! Gut, es zieht etwas nach links und auch nach unten, aber es fliegt! Die Ruder wurden schnell nachgetrimmt, und siehe da, was für ein Flugbild. Absolut ruhig zog das Modell seine Bahn, ein Oval nach dem anderen, bis - es wird so etwas um die 6. oder 7. Runde gewesen sein - die Bewegungen am Sender plötzlich keine Auswirkungen mehr auf das Modell hatten. Ziemlich ratlos stand ich nun so auf der Wiese rum und konnte nichts machen, als mein Flieger sich in eine Linkskurve legte und sich in einer langsam schneller werdenden spiralförmigen Flugbahn dem Boden näherte.

Der relativ weiche Acker neben der Wiese dämpfte den Aufprall etwas, trotzdem bescherte mir der Schaden einige Tage Arbeit. Wie sich herausstellte, war eine Zelle des 4-zelligen Empfänger-Akkus defekt, was natürlich zum Totalausfall der Anlage führte. Vielleicht hätte ich die ganze Geschichte vorher etwas ausgiebiger testen sollen, aber solche Ausfälle passieren ohnehin immer nur im Ernstfall, ganz selten beim Ausprobieren am Boden. Das besagt nunmal Murphy's Gesetz.


Vorläufiges Ende der Geschichte

Wie bereits gesagt, es war dann doch nicht so schlimm, wie es anfangs aussah. Nach dem Reinigen stellte sich heraus, daß das Seitenruder und die Tragfläche etwas lädiert waren, das war auch schon alles. Trotzdem war dieser erste auch gleichzeitig für längere Zeit der letzte Flug meines Charters. Fälschlicherweise war ich der Meinung, daß ein Segler für einen Anfänger wie mich viel besser geeignet wäre und erwarb deshalb den Junior von Multiplex (wird dort nicht mehr angeboten).


Die 2. Chance

Sehr viel später beim Entrümpeln des Dachbodens habe ich das Modell dann wieder entdeckt. Es sah auf den 1. Blick noch sehr gut aus, beim näheren Hinsehen fielen mir dann aber doch etliche Mängel auf. Fast 10 Jahre lang hatten extreme Wärme und Kälte dem Material zugesetzt, von der Feuchtigkeit ganz zu schweigen. Stellenweise war das Holz schon etwas angefault, diese Teile habe ich ausgeschnitten und durch Neue ersetzt. Und wo ich gerade dabei war, fing ich an, das Modell einer kompletten Überholung zu unterziehen.

Den lackierten Rumpf habe ich komplett abgeschliffen und mit Folie bespannt, was eine Gewichtsersparnis von fast 200 Gramm brachte. Ich hatte es damals wohl etwas zu gut gemeint und nach dem Motto "Viel hilft viel" nicht beim Auftragen der Farbe gegeizt. 2 Schichten Porenfüller, 1 Schicht Grundierung und zum Schluß noch 2 Schichten Lack, da kommt schon ganz schön was zusammen...

Auch die Anlenkungen der Ruder und speziell des lenkbaren Bugfahrwerks entsprachen nicht mehr dem Stand der Technik. Sie waren auch ziemlich massiv und dadurch viel zu schwer, weshalb ich die bisherigen Stahldrähte durch Bowdenzüge aus Kunststoff ersetzte.

Nicht zuletzt wegen dem hohen Gewicht der Lackierung mussten zur Einhaltung des vorgesehenen Schwerpunkts rund 200 Gramm Blei in die Nase geklebt werden. Diesen Ballast konnte ich jetzt einsparen, indem die Einbauten anders angeordnet wurden. Entgegen dem Bauplan lag der Tank jetzt fast genau im Schwerpunkt, der sich somit auch nicht mehr während des Fluges durch den leer werdenden Tank verschieben konnte. In dem jetzt freien Tankraum wurde der Akku untergebracht. Der hatte dort so viel Platz, daß er sich in einem Bereich von etwa 5 cm verschieben ließ. So konnte der Schwerpunkt ohne ein Gramm Blei genau eingestellt werden.

Der Motor- sowie der jetzige Tankraum wurden abschließend noch mit Epoxy eingepinselt, um das Eindringen von Kraftstoff ins Holz zu verhindern. Der Tankraum erhielt zudem einen kleinen Ablauf in Form eines etwa 1 cm langen Bowdenzug-Röhrchens, falls der Tank oder einer der Schläuche mal undicht werden sollten. Denkt an Murphy's Gesetz...


Erstflug, die 2.

Am 14.04.2001 war es endlich soweit, der 2. Erstflug stand an (gibt es sowas überhaupt?). Diesmal war ich aber so schlau, zumindest den Start und die Landung einem erfahrenen Kollegen zu überlassen. Zwar hatte ich mittlerweile einige Erfahrung mit der TwinStar gesammelt, aber die hat ja auch kein Fahrwerk. Ein Flugzeug aus der Hand zu starten und irgendwo mehr oder weniger elegant auf einer Wiese wieder zu landen ist relativ simpel. Mit einem Fahrwerk auf einem kurzgeschorenen Rasen zu landen erfordert schon einiges mehr an Können.

Naja, mit einem Profi an der Seite war ich beim Start und bei der Landung auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Und in der Luft verhält sich der Charter noch gutmütiger als die TwinStar, also absolut idiotensicher :-) Um es kurz zu machen: Dieser erneute Erstflug war ein voller Erfolg, trotz zum Teil heftigem Seitenwind. So macht das Fliegen Spaß.


Umbau auf Elektroantrieb

Ende 2001 hatte ich von dem Gesiffe mit dem Sprit und dem ständigen Putzen des Modells endgültig genug. Auch das Hantieren mit dem Verbrennermotor ging mir gegen den Strich, jedesmal waren die Hände ölverschmiert und man stank wie ein Otter. Wie unkompliziert ist dagegen das Fliegen mit der TwinStar: Akku rein und los, so ein Elektromotor springt immer sofort an! Zudem war der kleine O.S.-Motor ohnehin nie der Stärkste, ein Bodenstart gelang immer nur bei sehr kurz gemähtem Rasen. Ein ausreichend starker Elektromotor musste her!

Ich hatte mich schon seit längerer Zeit mit den LRK-Motoren befasst, diesen aus wenigen Teilen bestehenden bürstenlosen Außenläufern wurden ja geradezu unglaubliche Fähigkeiten nachgesagt. Relativ einfach selber herzustellen, von den Lagern mal abgesehen absolut verschleißfrei und sehr hohe erreichbare Wirkungsgrade. Durch die besondere Anordnung der Wicklungen und Magnete verfügen diese Motoren über eine eingebaute Untersetzung von 7:1, was ein Getriebe überflüssig macht und wiederum dem Wirkungsgrad zugute kommt. Wer sich für die genaue Wirkungsweise dieser Motoren interessiert, dem sei die Homepage von Peter Rother empfohlen.

Solch ein Motor sollte es also sein, aber woher die Drehteile nehmen? Eine Drehbank stand mir nicht zur Verfügung, somit kamen nur Fertigteile in Frage. Zum Glück wurden gerade zu dieser Zeit die ersten Komplettbausätze und sogar fertige Motoren von Flyware vertrieben. Also habe ich dort gleich einen LRK 350/25-12.5 für den Einsatz an 8 bis 12 Zellen geordert, der allerdings aufgrund der hohen Nachfrage erst nach einigen Wochen geliefert wurde.

In der Zwischenzeit wurde der Charter schon mal umgebaut: Der Tank flog raus und dafür kam eine Akku-Rutsche an seine Stelle. Den Motorspant baute ich mir aus 2 Lagen 4 mm Sperrholz und verleimte diesen mit dem vorhandenen Motorträger unter Beibehaltung des originalen Motorsturzes/-zuges. Als Akku wurde ein 10-Zeller Sub-C eingeplant, mit dem der Schwerpunkt exakt an der vorgesehenen Stelle lag.

Als der Motor endlich ankam wurde er natürlich gleich eingebaut und mit verschiedenen Propellern getestet. Hierbei stellte sich schnell heraus, daß die Bodenfreiheit zum Problem werden wird. Wegen der großen Untersetzung sind die LRK-Motoren für den Einsatz an sehr großen Luftschrauben prädestiniert. Mehr als 12 Zoll Durchmesser sind aber in Verbindung mit dem Fahrwerk des Charters nicht möglich, also musste ich mir etwas einfallen lassen.

Zunächst wurde mit der Steigung experimentiert, so dass der Strom in einem annehmbaren Bereich lag und der Standschub dennoch ausreichte. Später habe ich mein Glück noch mit mehreren 3-Blatt Luftschrauben versucht, die aber allesamt einen schlechteren Wirkungsgrad hatten als die 2-Blatt Propeller und dadurch die Flugzeit verkürzten. Den für mich besten Kompromiss lieferte eine APC 12 x 8, mit der der Motor am Boden rund 25 A aus dem 70er Jeti-Regler (mit BEC) zieht. Den Schub konnte ich zwar nicht messen, ich empfand ihn aber als absolut ausreichend.


Erstflug, die 3.

Für den Erstflug - nunmehr also schon der 3. im Leben meines Charters - stand mir als Akku leider nur eine Leihgabe meines Händlers zur Verfügung, ein schon betagter 10-Zeller aus 2000er Sanyos, der zunächst durch einige Lade-/Entladezyklen zur Mitarbeit ermuntert werden musste. Schließlich nahm er dann doch wieder gut 2000 mAh auf, es konnte also losgehen.

Der Start mit dem Elektro-Charter verlief absolut unspektakulär. Die Beschleunigung ist im Vergleich zum alten Verbrennermotor geradezu rasant, so dass die Startstrecke locker halbiert werden konnte. Danach ging es im geschätzten Winkel von ca. 30 Grad aufwärts, und zwar wenn nötig bis zur Sichtgrenze, was mit dem O.S.-Motor niemals möglich war. Bereits nach einer halben Platzrunde waren etwa 50 Meter erreicht, von da an war der halbe Ausschlag des Gasknüppels absolut ausreichend zum Fliegen.

Seit dieser Umrüstung gelingen auch Loopings aus dem Horizontalflug, wofür früher erstmal durch leichtes Andrücken Schwung geholt werden musste. Das Mehrgewicht bekommt dem Modell sehr gut, es liegt dadurch auch bei etwas böigem Wind sehr ruhig in der Luft. Die bekannt gutmütigen Flugeigenschaften hat das Modell beibehalten, und auch bei der Landung ist es nicht viel schneller als sonst. Der Erstflug ging übrigens erst nach etwas über 12 Minuten zu Ende, und das obwohl der Akku wie oben beschrieben nicht sonderlich fit war. Mit den zwischenzeitlich eingesetzten 3000er NiMH Akkus sind immer mindestens 15 Minuten drin, unter günstigen Umständen können es aber auch mal 20 werden. Im Schnitt zeigt meine Stoppuhr nach der Landung rund 17 Minuten, was ich für ein reines Motorflugzeug ohne spezielle Optimierung für den Elektro-Antrieb sehr gut finde. Insgesamt war die Umrüstung also ein voller Erfolg!

Zum Fliegen mit überwiegend in Teillast betriebenen Reglern und Motoren und den dadurch auftretenden Problemen wurde schon viel geschrieben. Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass zumindest in meinem Fall jede Beunruhigung überflüssig ist. Der Motor ist weder nach Teil- noch nach Vollastflügen mehr als handwarm, er liegt ja auch praktisch im Freien und wird ständig von jeder Menge Luft umströmt. Und auch der Regler wird nicht wärmer als etwa 45 Grad, obwohl er im Rumpf untergebracht ist und dort fast ohne Kühlung auskommen muss. Allerdings ist die Antriebseinheit für diesen Flieger natürlich reichlich überdimensioniert und läuft zu keiner Zeit auch nur annähernd am Limit. Den 70er Regler bringen die 25 A naturgemäß nicht ins Schwitzen, und auch der Motor lächelt nur milde über die 250 Watt Eingangsleistung.


Fazit

Der Charter ist mein Universalmodell geworden, mit dem ich fast noch lieber fliege als mit der TwinStar. Allerdings braucht man dazu schon eine vernünftige Wiese, mal eben hinterm Haus zu fliegen wie mit der TwinStar ist nicht drin. Und auch die Reparaturfreundlichkeit im Falle eines Falles ist bei Styropormodellen einfach besser. Aber an das Flugbild des Charters kommt die TwinStar nicht ran, hier liegt der Charter klar vorn. Zwischenzeitlich habe ich seitlich am Rumpf eine Digitalkamera angebracht, einige der damit geschossenen Fotos werde ich demnächst hier zeigen. Wir wollen auch mal einen Seglerschlepp versuchen, der Motor sollte damit eigentlich kein Problem haben. Falls das klappt, werde ich an dieser Stelle darüber berichten.